Als ich einmal fast Johan Nilsen Nagel warVon TEX RUBINOWITZ / Reisemagazin 10/2003 (Johan
Nilsen Nagel ist die Hauptfigur in dem grossartigen Roman "Mysterien"
von Knut Hamsun, ein Grossmaul, Angeber und Unruhestifter, der
ploetzlich in einer norwegischen Kleinstadt auftaucht, im Hotel
eincheckt, gleich wieder verschwindet, zurueck faehrt, um sich selbst 3
Telegramme zu schicken, damit er gleich mal ein interessanteres Entree
hat) In Indien leben 1 Milliarde
Menschen, daher gibt es auch reichlich Sprachen, allein 17 offizielle
Sprachen, jede Sprache hat ihre eigene interessante Schrift. Auf jedem
Rupienschein steht das Zahlwort siebzehnmal in einem winzigen, kaum
lesbaren Kasten. Aber das ist egal, weil die meisten sowieso nicht
lesen koennen. Die suedliche Provinz Kerala hat eine ganz besonders schoene Schrift, malaysalam heisst sie. Und
als wir eines Abends da so sassen, in dem reizenden Kochi, in dem
kleinen Gastgarten und Bier aus Tassen tranken, (denn nur wenige Lokale
haben Alkoholausschanklizenz, deshalb wird das versteckt ausgeschenkt),
hatte ich die Idee, in der Zeitung fuer Kerala (35 Mio Typen) eine
Anzeige zu schalten mit meinem Foto, Todesanzeige schwebte mir vor,
doch das verbot mir meine Reisebegleiterin. Dann
dachte ich an eine Suchanzeige, ich wollte jemanden suchen, der so
aussieht wie ich. Jemand haette mir in Wien erzaehlt, in Kerala liefe
mein Doppelgaenger rum, deswegen sei ich hierher gekommen, den musste
ich dringend finden. Dem netten Kellner Saki erzaehlte ich, was ich
vorhatte, und fragte, ob er mir helfen koenne, die Anzeige in
malaysalam zu schreiben. Er sagte, er wuerde. Am
naechsten Morgen wurde ich aus dem Bett geklopft, der Rezeptionist
meinte, unten wuerden zwei Maenner auf mich warten. Einer war Saki, der
andere hatte eine braune Hose an, die anstelle des Guertels von einem
Kabel zusammengehalten wurde. Der sei von der Zeitung, meinte Saki,
Reporter, er wolle ein Interview machen (Wieso braucht man fuer eine
Anzeige einen Reporter?). Er fragte nur nach Alter, Beruf (Beekeeper)
und Name der Gattin, mehr nicht, aufschlussreiches Interview. Der Text
solle morgen erscheinen, meinte Saki, und verschwand mit dem
Zeitungsmann in einer von einem knatternden Tuk-Tuk aufgewirbelten
Staubwolke. Am naechsten Tag winkte ich mir ein
ebensolches Tuk-Tuk, und bat den Fahrer mich zu einem Zeitungsstand zu
fahren, wir klapperten ca 7 Staende ab, ueberall schon ausverkauft, an
einem versuchte ich von dem Verkaeufer in Erfahrung zu bringen, wo man
denn das Blaettchen bekaeme, da tippt mir von hinten ein dicker Buegler
auf die Schulter, und sagt freundlich lachend: "You are on the
frontpage". Und ueberliess mir sein Exemplar. Ich hatte es tatsaechlich
auf die Titelseite gebracht, mit dem Verbrecherfoto, und einem ziemlich
langen Text, gute Viertelseite, obere Haelfte. Was da allerdings
drinsteht, konnte mir keiner sagen, denn, wie gesagt, diemeisten sind
hier Analphabeten, leider auch Saki. Ich haette den Buegler fragen
muessen. Jetzt sind wir im Tamilenland, ganz
andere Sprache und Schrift, und ich habe mir vorgestern 8 weisse
Kurzarm-Oberhemden naehen lassen, und gebeten, dass sie auf die
Brusttasche ein Wort in Schreibschrift sticken, aber mit unseren
Buchstaben, die Worte hab ich auf eine Serviette geschrieben, die
fleissigen Stickerinnen haben dann aus Walter Walfer gemacht, aus
Schlechtgefickte Brotspinne Schlechtgetickte Brofinne und aus
Froschfotze Froschlotze. Eben hab ich noch 6 weisse Unterhosen (Boxer natuerlich) in Auftrag gegeben, auf jedem soll Unterhose stehen, morgen um 9 hole ich dann hoffentlich 6 Unterhosen ab mit der Aufschrift Unterhase. |